Automatisierung der letzten Fertigungsschritte

Pallet conveyors

Automatisierung ist in der Fertigung schon lange kein Fremdwort mehr. Die Einführung des Fließbandes durch Henry Ford veränderte die gesamte Automobilbranche. Seither ist die Akzeptanz laufend gestiegen. Anfangs wurden nur einfache, sich wiederholende Aufgaben automatisiert und im Laufe der Zeit auch komplexere Arbeiten. Heute gibt es in fast jeder Produktionsstätte eine faszinierende Mischung aus automatisierten Maschinen, die fast alles herstellen und verpacken, was wir im Alltag benutzen, anfassen oder konsumieren.

Die meisten Automatisierungen in Produktionsanlagen konzentrieren sich auf die Herstellung und Verpackung der Produkte. Beispiele für Automatisierungstechnik sind Roboter, die Produkte lackieren, schweißen, maschinell bearbeiten und montieren, sowie die harte Automatisierung zum Abfüllen, Etikettieren und Verpacken von Konsumgütern wie Lebensmitteln und Getränken.

Jüngste Trends zeigen, dass Unternehmen ihre Produktion zunehmend so verlagern, dass sie näher an ihren Kunden sind, um entweder die Qualität zu kontrollieren, den Kundenservice zu verbessern oder die Transportkosten zu senken. Einige Unternehmen betreiben Reshoring (Rückverlagerung der Produktion von Standorten außerhalb des Landes). Weitere Trends im Zuge von Konsolidierungen, Fusionen und Übernahmen führen dazu, dass sich die Art und Weise, wie Produkte von der Herstellung bis zum Verbraucher vertrieben werden, ständig verändert. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Arbeitskräften, da die Wirtschaft wächst und die Anzahl an verfügbaren Arbeitskräften schrumpft.

Automatisierung ist offensichtlich eine mögliche Antwort auf diese Entwicklungen; die Frage ist nur, wo und wie? 

Welche letzten Fertigungsschritte können automatisiert werden?

Da die Lieferketten immer komplexer werden, haben einige das „Internet der Dinge“ als Lösung ins Auge gefasst. Die internen Prozesse erfordern mehr Konnektivität und es müssen intelligente Geräte und Prozesse zur Verbesserung der Effizienz eingesetzt werden. Synchronisierte Arbeitsabläufe und vorausschauende Analysen werden nicht nur für die Produktionsplanung, sondern auch für die Wartung erforderlich. Informationsfluss und Big Data sind notwendig, um die Grundlage für die zukünftige Automatisierung zu schaffen.

Software ist der Anfang, um die letzten Schritte der Fertigung zu automatisieren, aber was wird noch benötigt, um einen Betrieb weiter zu verbessern? Welche Funktionsbereiche müssen berücksichtigt werden?

Materialeingang

Es ist viel Aufwand und Planung erforderlich, um sicherzustellen, dass die vorgelagerten Lieferketten gut funktionieren. Sie müssen nicht nur pünktlich liefern, sondern – was ebenso wichtig ist – hochwertige Materialien bereitstellen. Eine Unterbrechung der eingehenden Lieferketten kann einen Betrieb schnell zum Stillstand bringen.

Selbst wenn Ihre Inbound-Lieferkette in Ordnung ist – haben Sie sich Gedanken darüber gemacht, wie Sie das Material verwalten, sobald es ankommt? Hier sind einige Fragen, die Sie sich stellen sollten:

  • Wird das Material nach der Ankunft zügig bearbeitet?
  • Verfüge ich über ein gutes Verfahren zur Überprüfung von Qualität und Korrektheit der gelieferten Materialien und Produkte?
  • Habe ich eine gute Kontrolle über meinen Lagerbestand an Rohstoffen?
  • Lagere ich mein Material effizient und verwende ich Software, um Platz, Umläufe und Arbeitskräfte zu verwalten?
  • Wie könnte ich die Annahme und Lagerung von Rohstoffen automatisieren?

Steuerung des Materialflusses zur und durch die Produktion

Wenn der Materialeingang in Ordnung ist, sollte als Nächstes der Materialfluss zur Produktion überprüft werden. Anhand der folgenden Fragen lässt sich feststellen, ob das Material effektiv zur Produktion fließt.

  • Warten meine Mitarbeiter darauf, dass Material an ihren Fertigungsinseln ankommt?
  • Erhalten die Fertigungsinseln das richtige Material?
  • Gibt es zu viel Inventar an den Fertigungsinseln?
  • Passt das Material an der Fertigungsinsel zum aktuellen Produktionsplan?
  • Kann ich Kits durch Automatisierung effektiver erstellen?

Der Materialfluss muss genau, pünktlich und in vielen Fällen dynamisch sein. Ungenaues Material, falsches Material, unübersichtliche Arbeitsbereiche, die für den aktuellen Auftrag zu viel Material enthalten – all das verlangsamt die Produktion.

Die Weiterleitung unfertiger Erzeugnisse (WIP, Work in Process) von Fertigungsinsel zu Fertigungsinsel kann die Produktion ebenfalls beeinträchtigen. Wenn die Abläufe innerhalb einer Produktionsanlage nicht synchronisiert sind, kann dies zu einem ungleichmäßigen Materialfluss im gesamten Prozess führen. Unzureichendes Material verlangsamt die Produktion, während zu viel WIP-Material einen Stau verursacht und zum Stillstand führt. Eine bessere Planung und WIP-Puffer können den Materialfluss verbessern. 

Schließlich kann die Bewegung von Fertigwaren am Ende des Prozesses zu Engpässen in einem Betrieb führen. Einige Fragen, die Sie sich stellen sollten, sind:

  • Habe ich genug Platz im Dock, um meine Fertigwaren umzuschlagen?
  • Wie schnell kann ich einen Auflieger an einem Dock umschlagen?
  • Verfüge ich über einen geschlossenen Kreislauf zwischen Herstellung und Vertrieb – entweder durch ein firmeneigenes Lager/Verteilungszentrum oder ein Fremdlogistiklager?
  • Sollte ich Fertigwaren am Herstellungsstandort inventarisieren? In welcher Menge? Zu welcher Rate?

Die Produktionsgeschwindigkeit und die Größe des Endprodukts oder des WIP-Produkts sind entscheidend dafür, welcher Ansatz der Automatisierung der richtige für Sie ist. Die Herstellung Hunderter kleiner elektronischer Geräte pro Stunde erfordert sicherlich andere Lösungen als die Produktion von einem Dutzend Frontladern pro Tag.

Mögliche Lösungen zur Automatisierung der letzten Fertigungsschritte

Um auf ein früheres Thema zurückzukommen: Software ist die Grundlage, um die gesamten Betriebsabläufe zu optimieren: Eine fortschrittliche ERP-, MES- und manchmal auch WMS/WES-Lösung kann dazu beitragen, dass die Abläufe reibungsloser ablaufen – nicht nur in Bezug auf den Materialfluss, sondern auch im Hinblick auf die Arbeitsverwaltung. Verschiedene mechatronische Lösungen können die Betriebsabläufe verbessern und dem Arbeitskräftemangel entgegenwirken. Denken Sie stets daran, dass eine genaue und gründliche Datenanalyse erforderlich ist, um einen umfassenden Einblick in den Material- und Datenfluss des aktuellen Vorgangs zu erhalten. Erst dann können Sie die richtige Technologie beurteilen und anwenden.

Steuerung des Materialflusses zur und durch die Produktion

Wareneingangsmitteilungen helfen bei der Planung und Lagerung von eingehendem Material. Die Planung der Lagerung auf Paletten-, Kisten-, Behälter- oder Segmentbehälterebene kann bei richtiger Umsetzung Platz in Ihrem Lager sparen. Die Kontrolle des eingehenden Materials und das Umfüllen des Materials in die richtigen Maßeinheiten spart ebenfalls Platz. Artikel mit ungewöhnlicher Form müssen gegebenenfalls in speziellen Regalen oder Vorrichtungen gelagert werden; Paletten, Kisten und Behälter können jedoch mithilfe von automatischen Lager- und Bereitstellungssystemen verwaltet werden. Hierbei gibt es unterschiedliche Systeme:

  • Tiefbord- oder einfachtiefes Lager für Paletten
  • Kisten und Behälter in Shuttle-Systemen für schnelldrehende Produkte 
  • Mini-Load-Systeme für mitteldrehende Produkte
  • Karussells oder sogar Regale für langsamdrehende Produkte

 

Kitting-Arbeiten

Beim Kitting bzw. bei der Bündelung werden in der Regel verschiedene Stücklisten verwendet, um bestimmte Teile für die Teil- oder Endmontage zusammenzustellen. Manchmal werden die Kits als Bestellungen für Wartungsersatzteile versandt. Abgesehen von dem gelegentlichen Bedarf an einigen „Mehrwert“-Funktionen unterscheidet sich das Kitting jedoch nicht wesentlich von der Auftragsabwicklung in einem Vertriebszentrum. Folglich kann die Automatisierung mithilfe von Pick-to-Light-, Pick-to-Voice- und Goods-to-Person-Stationen sowie mithilfe von Förder- und Sortieranlagen für die Zonenverteilung erfolgen. Die Technologie für die Lagerung von Einzelartikeln (SKU) kann auch für die Lagerung von fertigen Bausätzen verwendet werden, die für die Produktion oder direkt für den Endverbraucher bestimmt sind. 

Materialfluss zur und durch die Produktion

Die Geschwindigkeit und Größe des Materials, das in und durch die Produktion fließt, bestimmt, welche Automatisierungstechnologie am besten geeignet ist, um das Kitting zu unterstützen:

  • Automatische Containertransportfahrzeuge (Automated Guided Vehicles, AGVs) eignen sich am besten für die Handhabung von Paletten und größeren Gegenständen. Der Fluss kann sehr dynamisch sein, da die AGVs Arbeitsaufträge und Zuweisungen auf der Grundlage ihres Standorts und der effizientesten Fahrtroute erhalten.
  • Automatisierte Schlepper, die einen Wagen oder eine Reihe von Wagen ziehen, sind am effektivsten, wenn sie in einer Produktionsumgebung von Punkt zu Punkt fahren.
  • Automatisierte Carts (Automated Guided Carts, AGCs) können Materialien für Kanban-Vorgänge und kleinere Artikel wie Behälter und Kisten für die Anlieferung an der Montagestraße transportieren.
  • Auch Hängebahnen und Einschienenbahnen können effektive Strategien für den Materialtransport darstellen. Diese Lösungen bieten jedoch nicht die Flexibilität oder Skalierbarkeit der mobileren Optionen.
  • Die Pick-to-Light-Technologie kann die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Kommissionierung von Teilen oder Kits an der Montagestraße verbessern.

WIP (Work in Process)-Puffer

Paletten, Wannen, Behälter und Tablare mit Material können mithilfe von automatischer Lager- und Bereitstellungs-Technologie (AS/RS) als Puffer gelagert werden. In vielen Betrieben werden Mini-Load-Systeme eingesetzt, um Material zu halten und gleichmäßig auf Fertigungsinseln und verschiedene Prozesse zu verteilen. Diese Technologie kann direkt zwischen zwei Betrieben oder zentral platziert werden, um mehrere WIP-Betriebe zu bedienen. 

Umschlag und Lagerung von Fertigwaren

Für das Ende von Produktionslinien gibt es mehrere Lösungen.

  • Für den Transport von Fertigwarenpaletten können AGVs, Palettenförderer und Einschienenbahnen eingesetzt werden. Jede Technologie bietet Vorteile in Bezug auf Geschwindigkeit, Transportdauer und Funktion. AGVs eignen sich hervorragend für lange Fahrten, das Blockstapeln von Paletten, und können sogar zum Beladen von Aufliegern verwendet werden. Förderer eignen sich hervorragend für kürzere Strecken, die mit anderen Automatisierungssystemen wie ASRS und der Stauung von Paletten an der Rampe verknüpft werden können. Einschienenbahnen eignen sich am besten für Anwendungen mit höheren Geschwindigkeiten und langen Transportstrecken.
  • Mit einem AS/RS-System für den Fertigwarenbestand – entweder in der Nähe der Fertigung oder in einem entfernten Distributionszentrum – lassen sich der Wareneingang und der Versand verwalten und eine genaue, sichere und schadensfreie Handhabung der Produkte gewährleisten. Die AS/RS-Technologie kann auch den Nachschub für die manuelle oder automatische Kommissionierung von Kartons unterstützen. Weitere Vorteile sind u. a. eine bessere Raumnutzung und Energieeinsparungen.
  • Bei geschlossenen Kreislaufsystemen, bei denen die Auflieger ständig von der Fertigung zu einem Verteilerzentrum transportiert werden, kann durch die automatische Be- und Entladung der Auflieger die Anzahl der Docks und die Zahl der Mitarbeiter reduziert werden, die die Docks betreuen müssen. In einigen Fällen können Auflieger in nur fünf Minuten be- oder entladen werden.

Wenn man die letzten Fertigungsschritte automatisieren möchte, kann manchmal eine kreative Anwendung bestehender Technologien oder eine gewisse Anpassung von Geräten und Software erforderlich sein. Richtig umgesetzt, kann man Fertigungsvorgänge mithilfe von Automatisierung erheblich verbessern. 

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